Pamela Rosenkranz (1979/CH)
Das Schaffen von Pamela Rosenkranz zeichnet sich durch eine konsequente Entwicklung und Verfolgung von Ideen aus. Durch ein System von Bezügen wirft die 1979 geborene Künstlerin Fragen zu unserer Lebenswelt auf. Politik und Lifestyle spielen ebenso in ihre Installationen hinein wie Ökologie und Technologie. Rosenkranz benutzt Markenprodukte der Fitness- und Wellnessindustrie und arbeitet mit Materialien, die Makellosigkeit und optimierte Qualität verkörpern. Hinzu kommen Anleihen aus der Kunstgeschichte, die sie in ihrn Arbeiten transformiert und neu interpretiert. Malerei, Video, Objekte, Installation, Sound und Animation werden von der Künstlerin virtuos eingesetzt und zu einem Gefüge von Bedeutungsebenen vernetzt. Im Jahr 2015 hat Rosenkranz an der Biennale in Venedig den Schweizer Pavillon bespielt. Mit der sensorisch wirksamen Installation «Our Product» ist ihr ein Höhepunkt ihres Werks gelungen: Material, Farbe, Geruch und Klang sind darin zu einem synästhetischen Gesamtkunstwerk vereint.
Pamela Rosenkranz hat in Bern und Zürich Kunst, Kunstgeschichte und Literaturwissenschaft studiert. Das theoretische Wissen, das sich durch Interessen in Life Science, Biologie und Psychologie beständig erweitert, ist Basis und Inspiration für ihr künstlerisches Schaffen. Schon Rosenkranz‘ frühe Arbeiten in Einzel- und Gruppenausstellungen weisen Elemente auf, die sie immer wieder einsetzen wird. Objekte und Materialien wie PET-Flaschen, Silikon, Kälteschutzfolien und der Einsatz von Hautfarbe oder Blau sind Alleinstellungsmerkmale ihrer Kunst. 2008, an der 5. Berlin Biennale und an der Manifesta in Trentino, hat Rosenkranz europaweit Anerkennung gefunden, und in den Folgejahren ist sie mit Einzelausstellungen in Basel, Genf, Paris und New York zu einem Shooting Star der jungen Kunstszene aufgestiegen. Ihre Entwicklung zeigt, dass sie an einem Werkentwurf arbeitet, der sich durch zunehmende Komplexität auszeichnet.
In der Installation The «Real Thing» in der Tate Britain in London setzt die Künstlerin 2008 erstmals eine wandgrosse Projektion der Erdoberfläche ein, die sich wie ein animierter Rorschach-Test erweitert und zusammenzieht. Die Arbeit kombiniert Körperobjekte in Kälteschutzfolie mit den Broncestatuen der Sammlung und evoziert ebenso magische wie apokalyptische Visionen. Wesentliche Elemente ihrer Kunst sind schon hier vereint: Digitale Verfremdung, Verweise auf die Kulturgeschichte und die Existenz des Menschen. Die goldenen Folien lassen offen, ob es sich um Opfer oder luxuriöse Rituale handelt. Rosenkranz schafft ein Spiel mit Assoziationen, das die Imagination in Gang setzt und keine konkrete Deutung zulässt.
So sind auch die wiederholt eingesetzten Markenprodukte Verweise auf eine ambivalente Lebenswelt. PET-Flaschen der Marke «Evian» oder «Fiji» stehen für das Versprechen von Unberührtheit und Reinheit. Rosenkranz füllt sie mit Silikonflüssigkeit, die die Farbe von Haut hat. «Untouched by Man» – der Slogan der Marke Fiji – ist der Titel einer Installation, die die Künstlerin 2010 im Kunstverein Braunschweig gezeigt hat. Die synthetische Flüssigkeit verkörpert ein Surrogat des Menschen, ein optimiertes Produkt. Ähnliche Konnotationen haben die Sportschuhe der Marke «Asics», die von Rosenkranz wie Relikte menschlicher Existenz eingesetzt werden. Gefüllt mit hautfarbenem Silikon, mutieren sie zu befremdlichen Objekten, die auf ein durch Produktmythen konstruiertes Leben verweisen.
Die Entleertheit der modernen menschlichen Existenz ist ein Grundthema der Arbeit von Pamela Rosenkranz. Sie verwendet Materialien wie Spandex, ein Gewebe, das Funktionen der menschlichen Haut imitiert, als Träger ihrer Malerei. Auch auf Acryl-glas, Spiegel und Kälteschutzfolien malt sie gestische Bilder, die nicht zufällig die Antropometrien von Yves Klein persiflieren. «This is not my colour» nannte die Künstlerin eine Serie von Bildern, die 2011 im Swiss Institute in New York ausgestellt wurde. Das Ultramarin von Klein wird bei Rosenkranz zum Zeichen, das als Widerstand gegenüber männlicher Aneignung fungiert.
Blau, die Farbe der Immaterialität, und Hautfarbe, das Surrogat des menschlichen Körpers, sind Grundelemente von Rosenkranz’ Arbeit. Sie tauchen in transformierter Gestalt und in neuen Kombinationen immer wieder auf. So wird die blaue Viagra-Pille in mehreren Installationen zum Anzeiger für (künstlich erzeugte) männliche Potenz, blau gefärbtes Wasser für die Reinheit des Lebenselements. «Feeding, Fleeing, Fighting, Reproduktion», eine Installation von 2012 in der Kunsthalle Basel, setzt explizit das Element Wasser in Beziehung zur Projektion der Erdoberfläche. Doch auch hier changieren die Bedeutungsebenen, die Rosenkranz evoziert, zwischen Abwehr und Indifferenz gegenüber einer synthetisch optimierten Lebenswelt.
Kunst gewinnt bei Pamela Rosenkranz ein ungeheures Potenzial. In ihren Arbeiten interagiert sie mit Biotechnologie, Philosophie und Produktwerbung woraus eine Aura magischer Präsenz entsteht. Ihre jüngste Installation «Our Product» an der Biennale in Venedig vereinte Grundelemente von Rosenkranz‘ Schaffen in einer singulären Erscheinung des Stofflichen. Hautfarbene Flüssigkeit füllte den Raum des Schweizer Pavillons in künstlich angetriebener Wellenbewegung. Es war ein Schöpfungsmythos, den sie damit zelebrierte. In einer Synthese von Farbe, Klang und Duft war der imaginäre Körper ihrer Kunst anwesend.
Text: Maria Becker
Preisverleihung
Paul Boesch Kunstpreis 2016
Pamela Rosenkranz
Donnerstag, 31. März 2016, 18.00 Uhr
Kunstmuseum Bern
Hodlerstrasse 8 – 12, 3011 Bern
Der Paul Boesch-Kunstpreis wird jährlich einer Künstlerin / einem Künstler im Bereich der bildenden Künste verliehen. Mit dem Paul Boesch Kunstpreis 2016 wird das Schaffen von Pamela Rosenkranz ausgezeichnet.Die Paul Boesch Stiftung vergibt auch Förderpreise und Projekt-Förderbeiträge an einzelne Lernende oder Gruppen der Schule für Gestaltung Bern und Biel.
– Boesch-Foerderpreise-2015.pdf
Begrüssung:
Robert Wenger, Präsident Paul Boesch Stiftung
Verleihung Kunstpreis 2016 und Förderpreise:
Matthias Frehner, Direktor Kunstmuseum Bern
Stefan Gelzer, Direktor Schule für Gestaltung Bern und Biel