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Paul Boesch – ein (fast) vergessener Berner Künstler

Paul Boesch (18891969) hat in Bern heraldischen Schmuck für Amtshäuser, Standesscheiben und Wandbilder geschaffen. Schweizweit bekannt wurde er als Illustrator des Pestalozzi-Kalenders.

Paul Boesch ist heute weitgehend in Vergessenheit geraten. Dabei waren seine Arbeiten in der ganzen Schweiz bekannt und noch heute sind Illustrationen von Paul Boesch in der Werbung präsent. Leben und Arbeit von Paul Boesch sind eng mit der Stadt Bern verbunden. Die Berner Altstadt war nicht nur Arbeits- und Wohnort, sie bot ihm auch Inspiration und Anschauungsmaterial wie verschiedene Architekturskizzen in seinem Nachlass zeigen. Viele Jahre lebte und arbeitete er an der Junkerngasse 43.

Geboren wurde Paul Boesch in Freiburg im Uechtland und wuchs in Lausanne und Basel auf. Nach der Matura begann er mit dem Studium der Kunstgeschichte in Zürich. Einen Aufenthalt in Paris, wo er an der renommierten Académie Humbert Malerei studierte, musste er wegen des Ausbruchs des 1. Weltkrieges abbrechen. Das künstlerische Handwerk brachte er sich anschliessend offensichtlich weitgehend selber bei. Wichtig war dabei die Begegnung mit dem Basler Glasmaler Emil Gerster (1872−1954). 1915 wurde er als junger Offizier von Generalstabchef Theophil Sprecher nach Bern berufen mit dem Auftrag, Karten und Illustrationen für die Armee anzufertigen, darunter findet sich auch eine Serie von Soldatenbildern (Schweizer Verband Soldatenwohl, 1914−1918). Ein ganz besonderer Auftrag war der Entwurf des Stahlhelms für die Schweizer Armee.


Paul Boesch in seinem Atelier an der Junkerngasse 43, um 1940. Foto: Burgerbibliothek Bern

Buchillustrationen
Nach dem Austritt aus dem Armeedienst 1918 heiratete Boesch, die Familie bezog bald nach der Geburt der Tochter eine grosszügige Wohnung mit Atelier an der Junkerngasse. Boesch wurde Lehrer für die Technik des Holzschnittes an der Gewerbeschule Bern. Nebenbei betätigte er sich als Grafiker und Illustrator, mehrere Verlage vergaben Boesch regelmässig Aufträge. Bruno Kaiser (1877−1941), Besitzer des Warenhauses Kaiser & Co. AG an der Marktgasse und Herausgeber des erfolgreichen Schweizer «Pestalozzi-Kalender» für die Jugend, engagierte Boesch als Illustrator für die Kalender und weitere über die Schweiz hinaus bekannte Werke wie «10‘000 Jahre Schaffen und Forschen. Die Wege des Fortschritts vom Einst zum Jetzt» (Bern 1940). Weitere wichtige Werke mit Holzschnitten von Paul Boesch waren «La Grande Année Vigneronne» von 1935 oder die wissenschaftlichen Abbildungen im «Bauernwerk» von Paul Scheuermeier (Erlenbach-Zürich 1943 und 1957). Für die Schweizerische Landesausstellung (Landi) in Zürich 1939 schuf er ein grosses Wandbild zur Wirtschaftsgeschichte der Schweiz und einen neun Bilder umfassenden Bilderfries.

Holzschnitt und Heraldik
Besonders gross ist Boeschs heraldisches Werk. Allein für die Hag-Alben (Die Wappen der Schweiz, 1936ff.) hat er gegen zweitausend Gemeindewappen gemalt und ebenso viele für das Wappenbuch der Burgergemeinde Bern (1932). Hinzu kommen mehrere Hundert Wappen und Exlibris für private Auftraggeber und über 800 Glasgemälde mit Wappen für Kirchen und Amtshäuser oder Stadtveduten. Im weiteren Sinne heraldische Arbeiten sind auch die zahllosen Stempel, Signete, Weinetiketten, Diplome und Gedenkblätter oder die Briefmarkenserien, die Boesch zwischen 1935 und 1955 für Pro Patria und Pro Juventute entwarf. Boesch kopierte nicht einfach ältere heraldische Vorlagen, sondern überführte sie in eine moderne Form. Mit seiner klaren und eigenständigen Formensprache galt er als Erneuerer der Schweizer Heraldik. So verstand sich auch Paul Boesch selber: Als Künstler, der zwischen Tradition und Moderne vermittelte und der die alte Kunstform des Holzschnittes zeitgemäss einsetzte. Gerade in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde der Holzschnitt als Bildmedium von den Expressionisten und den Künstlern der Neuen Sachlichkeit sehr geschätzt. Tradition war für Boesch nicht Überkommenes, sondern Ausdruck der Kontinuität von Kultur. Für sein Lebenswerk erhielt Paul Boesch 1968 ehrenhalber das Burgerrecht der Burgergemeinde Bern.

Stiftung und Preis Paul Boesch
Um den Künstler und Illustrator Paul Boesch zu würdigen und an ihn zu erinnern, überführte dessen Tochter Liselotte Boesch (1919−2011) ihr Vermögen in eine Stiftung. Zweck der Stiftung ist es, jährlich einmal einen Preis an eine Schweizer Künstlerin oder Künstler mit engem Bezug zu Bern im Bereich der Bildenden Kunst zu vergeben. Das künstlerische Werk muss national herausragend sein. Die Vergabe des Preises von CHF 50‘000 ist mit dem Ankauf eines Werkes verbunden, das als Depositum der Stiftung in die Sammlung des Kunstmuseums Bern gelangt. Anlässlich der ersten Preisverleihung 2016 ging der Preis an Pamela Rosenkranz, die in Bern an der Hochschule der Künste studiert hat. Am 23. März 2017 findet die nächste Preisverleihung in der Kunsthalle Bern statt. Darüber hinaus vergibt die Stiftung Paul Boesch Förderpreise an Lernende der Schule für Gestaltung Bern und Biel für die Fachgebiete Design, Grafik und keramische Arbeiten und Beiträge an Projekte.

Liselotte Boesch (Dritte v. l.) mit Pfändlers

Paul Boesch bleibt nicht nur über seine Arbeiten mit der Berner Altstadt verbunden. Das Präsidium der Stiftung bleibt gemäss dem Willen der Stifterin bei der Zunftgesellschaft zu Metzgern in der Kramgasse. Und der umfangreiche Nachlass von Paul Boesch wird in der Burgerbibliothek Bern verwahrt (www.burgerbib.ch).

Dr. Claudia Engler Maurer, Direktorin Burgerbibliothek Bern
— Erschienen in der BrunneZytig 1/2017

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